Liebe Sörgenlocher,
Am Dienstag war es
wieder soweit und der Gemeinderat tagte. Wer glaubt, dass es dieses Mal weniger
spektakulär zuging wie beim letzten Mal, wird eines Besseren belehrt, zumindest, wenn er
den Beitrag bis zum Ende liest.
Folgende Tagesordnungspunkte (TOP) galt es für den
Gemeinderat abzuarbeiten:
- Einwohnerfragestunde
- Anhörung der SPD-Fraktion gemäß § 35 Abs. 2 GemO im Gemeinderat hier: Darlegung der Ergebnisse der Prüfungen/Gutachten für die Eignung eines zukünftigen Wohngebietes
- Antrag der SPD-Fraktion gem. § 35 Absatz 3 der Gemeindeordnung hier: Möglichkeit der Beschlussfassung des Gemeinderates und der Ausschüsse auch per Umlaufverfahren o. mittels Video- oder Telefonkonferenz
- Bebauungsplan „Eigentümergärten Nördlich des Sportplatzes – 1. Änderung vom 30.06.2020“ der Ortsgemeinde Sörgenloch hier: Aufstellungsbeschluss gem. § 2 Abs. 1 BauGB
- Verlosung der zu vermietenden Kleingartenparzellen
- Erlass einer Satzung über die Höhe des Ablösebetrages bei Nichtherstellung von Kfz-Stellplätzen sowie die Festsetzung eines Ablösebetrages
- Multifunktionsgeräte hier: Einleitung des Vergabeverfahrens
- Anschaffung eines Konvektomat/Kombidampfgarers für die kommunale Kita Sörgenloch
- Bauanträge
9.1
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Bauantrag 113/20,
Erweiterung Bauhof, Sörgenloch
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- Verschiedenes
- Eigentumsregulierung (nichtöffentlich)
- Bekanntgabe der Beschlüsse aus dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung
TOP 1:
Auch heute fanden
wieder einige Bürger den Weg ins Vereinsheim, um die Ratssitzung
mitzuverfolgen. Fragen gab es keine.
TOP2:
Am Ende seiner
Amtszeit hatte der vorherige Bürgermeister Frieder März (FWG) noch eine Idee
angestoßen wie ein Baugebiet unterhalb von Wethbach 2 und der Oberweide
kurzfristig aufgrund einer Sonderverordnung realisiert werden könnte. Sein Nachfolger Bernd Simon
verfolgte diese Projekt nicht weiter, da u.a. ein Schallgutachten davon abriet,
dort ein Baugebiet zu realisieren. Dies warf Fragen auf, denn das letzte
Baugebiet "Wethbach 2" grenzt unmittelbar an das Plangebiet an. Wieso
also das eine Baugebiet realisieren und direkt untendrunter ist es es für ein
weiteres Vorhaben zu laut? So etwas gilt es zu verstehen, um dieses Wissen in
zukünftige Planungen miteinfliessen zulassen. Daher stellte die SPD den Antrag
einer Anhörung der Gutachtenersteller, um auch bei zukünftigen Baugebieten
diese Überlegungen mit einzubeziehen. Die
Prämisse: Lernen, um für neue Vorhaben besseres Rüstzeug (Wissen) zu haben.
Der Antrag wurde noch
in 2019 gestellt. Die Anhörung konnte aufgrund des Corona-Virus aber erst jetzt
durchgeführt werden. Die Verwaltung lud entsprechend des Antrags Experten von
der Verbandsgemeindeverwaltung und des ISU-Planbüros ein. Zudem waren die Ersteller
des Schallschutzgutachtens anwesend. Es fehlte lediglich der verantwortliche
Ersteller für das Artenschutzgutachten (99 Seiten "Fachlektüre"), was
später auch seitens der SPD moniert wurde.
[Anmerkung: Ein erstes
Raunen ging durch den Saal - musste die SPD sich wirklich beschweren, die
Mehrheit der geforderten Personen war doch anwesend. Wieso brauchen wir auch
noch den Artenschutzgutachter? In dem Gutachten gab es doch keine
Auffälligkeiten. Schnell war also wieder vergessen, dass die SPD diese Anhörung
als Lerneinheit für den Gemeinderat gesehen hat! Wissen hat bekanntlich noch
keinem geschadet. Scheinbar sehen das nicht alle so.]
Um es kurz abzutun:
Die wesentlichste
Information kam nicht vom Schallgutachter, sondern vom Sachverständigen
der VG-Verwaltung Herrn Dvorak:
Nach seiner Aussage gab es 2019 eine Gesetzesänderung
was die Beachtung der Schallimmissionen von der Feuerwehr betrifft. D.h. was für
das Neubaugebiet "Wethbach 2" noch nicht galt, gilt aber für das
direkt angrenzende Gebiet! Die neuen Grenzwerte, Bedingungen sind mit einem
einfachen Baugebiet nicht mehr zu erfüllen. Dies wäre nur mit weiteren
Schutzmaßnahmen möglich.
Weitere interessante
und wissenswerte Information von der Anhörung waren:
- Bei der Erstellung eines Schallgutachtens werden keine Messungen vorgenommen. Auch keine Stichproben! Wie kommen die Schallgutachter dann auf ihre Ergebnisse? Es werden Gespräche mit den Verursachern der Lärmquellen ( den betroffenen Betrieben wie KFZ Grieser, Zimmerei Schmuck, Feuerwehr Sörgenloch) geführt. Gemäß deren "ungeprüften", weil plausiblen Angaben wird dann mithilfe von Statistiken eine Lärmbelastung berechnet. Bei Überschreitung wird dann dem Baugebiet eine Absage erteilt bzw. empfohlen. Das ist Usus und wird überall so gehandhabt. (verantwortlich für die Schallgutachten waren die Sachverständigen für Schallschutz Möbus)
- Es gibt bereits ein
Schallschutzgutachten für Planungsfläche 4. Dies war zumindest Teilen des
Gemeinderats bisher nicht bekannt! Wurde also ohne Kenntnis und Zustimmung
des Bauausschusses bzw. des Gemeinderats von der Ortsverwaltung in Gang
gesetzt. Dazu gleich noch mehr…
- Sehr informativ waren auch die Ausführungen der Mitarbeitern des Planungsbüros ISU Frau Bachmann-Jacob. Sie erläuterte das Für und Wieder für die verschiedenen Planungsflächen. Ob ihr auch bewusst war, dass sie dem Rat völlig neue Informationen gab als sie näher auf die Planungsfläche 4 einging? Zumindest einige Ratsmitglieder - inklusive meiner Person - runzelten erstaunt die Stirn, wie weit doch die Denke Richtung eines großen Baugebiets mitten im Landschaftsschutzgebiet fortgeschritten sind! [Anmerkung: Hierüber wurde noch nicht ein einziges Mal im Gemeinderat beraten.]
- Im Schritt 1 soll das bereits beschlossene Baugebiet (Planungsfläche 1, Größe 1,3ha) erschlossen werden. Dann soll in einem weiteren Schritt die neue Planungsfläche 4 (1,9ha) hinzukommen. Mit insgesamt 3,2 ha (32.000qm) also ein großes Neubauprojekt.
- Die neue Planungsfläche 4 grenzt direkt an die Zimmerei Schmuck an. Nicht erstaunlich also, dass einige Ratsmitgliederverwundert waren, dass an einem Ort mit hohen Schallimmissionen direkt angrenzend ein Wohngebiet erstellt werden soll.
Hierauf
wiederum reagierte die Mitarbeitern des Planungsbüros ISU erstaunt: Es läge
doch bereits ein Schallschutzgutachten vor! Kennen das die Ratsmitglieder etwa
noch nicht? Nein, zumindest die Ratsmitglieder der SPD wussten hiervon nichts!
Im
Gegensatz zu den Planungsflächen 2 und 3, die man mit dem Vermerk auf das
Schallgutachten "fallen" lies, wurde der Sachverständige Möbus hier
mit einer Lösungsanfrage wie man das Baugebiet dennoch umsetzen könne,
beauftragt. Wieso hier so ein besonderer Ehrgeiz seitens der Verwaltung an den
Tag gelegt wird, ist mir noch ein Rätsel. Die
Lösung jedenfalls ist: eine Mauer von 50m Länge und 9m Höhe.
Auf
die Frage, ob dies auch nur ansatzweise in das Ortsbild passt, folgte die
Antwort der Städteplanerin, dass dies durchaus lösbar sei. Entweder ein oder
mehrere Hochhäuser oder Reihenhäuser können hier erstellt werden, die als
Schallschutzdämpfer für das restliche Baugebiet dienen würden. Hochhäuser in
Sörgenloch - verfolgt die Verwaltung etwa das ehrgeizige Ziel Nieder-Olm als
Stadt zu folgen? (Vorsicht Ironie!). Die nächsten Ratssitzungen werden
hoffentlich mehr Transparenz über die Absichten der Verwaltung an den Tag
bringen.
TOP3:
Die Option, das der Gemeinderat und Ausschüsse Beschlüsse z.B.
per Video- oder Telefonkonferenz fassen können, wird nicht ermöglicht. Der
Kreis Mainz-Bingen als Aufsichtsbehörde sieht keine Notsituation und von daher
keine Bedarf diesem Anliegen Rechnung zu tragen.
TOP4/TOP5:
Der Rat stimmte der
Änderung des Bebauungsplans und somit dem Entstehen dreier neuer Kleingärten
zu. Anschließend wurden diese im Losverfahren den stolzen neuen Kleingärtnern
zugeteilt. Wir wünschen den glücklichen neuen
Kleingartenbesitzern viel Freude mit ihren Gärten, einen schönen Rückzugsort
vom stressigen Alltag und gute und reichliche Erträge beim Ernten der
Gartenfrüchte.
TOP6:
Über diesen Punkt
konnte nicht abgestimmt werden, da eine Anlage in den Unterlagen fehlte. Die
Abstimmung wurde auf die nächste Ratssitzung verschoben.
TOP7
Der Einleitung des
Vergabeverfahrens für Multifunktionsgeräte (inkl. Wartung) für unsere
Verwaltung wurde einstimmig zugestimmt.
TOP8
Der Anschaffung eines
Konvektomats (auf Deutsch: Heißluftdämpfer) für die Kindertagesstätte wurde
ebenso einstimmig zugestimmt. Beigeordneter
Michael Wald, der sich um die Belange der Kita kümmert, berichtete zudem
Positives: Er hat bereits einen Antrag zur Unterstützung seitens des Landes
gestellt. Wird dieser genehmigt, erhält die Gemeinde einen Zuschuss in Höhe von
5.000 Euro! Die Aussichten seien gut - so Michael Wald.
TOP9/TOP9.1
Gegen die beiden
Bauanträge gab es keinerlei Einwand. Sowohl dem Bauvorhaben einer Privatperson
im alten Ortskern fand Zustimmung wie auch der Bauantrag für den Umbau des
Bauhofs. Die Bauhofmitarbeiter sollen in diesem Zuge einen eigenen
Aufenthaltsraum erhalten. Eine gute Sache!
TOP10
Unter Verschiedenes
wurde seitens der VG-Verwaltung offene Fragen zur Brücke an der Darmstadtmühle
beantwortet. Auch hier ein Danke Schön an Herrn Dvorak, der weiteres Licht in
die alte Angelegenheit brachte. Nur soviel: Die Kosten für einen Neubau belaufen
sich auf 240.000 Euro und sind nach Prüfung von 2 Planungsbüros realistisch!
Wie und ob ein Neubau, eine Sanierung stattfinden wird, darüber wird im Rat
noch zu beraten sein.
Zudem informierte
Ortsbürgermeister Bernd Simon, dass die Verkehrsproblematik an der Oberhecke
seitens der Verwaltung weiterhin im Blickfeld sei. Ob die Lösungsansätze
greifen (Zwischenparken der Laster in Nieder-Olm und nur vereinzeltes Anfahren
in Sörgenloch) sei noch nicht abschließend feststellbar. Hierfür greifen die
Maßnahmen einfach noch zu kurz.
Damit war die
Ratssitzung allerdings noch nicht beendet…
Unter dem Punkt
"Verschiedenes" verschafften sich zwei FWG-Ratsmitglieder Luft und taten ihren Unmut gegenüber der SPD
kund. Die SPD stelle bei jedem Vorhaben Fragen, habe Einwände, andere
Sichtweisen und verbreite damit eine schlechte Stimmung im Rat! Man solle doch
endlich wieder an einem Strang ziehen und "bedingungslos" der FWG
folgen. Es blieb aber nicht bei den Aussagen: Auch der
Fraktionsvorsitzende der FWG schloss sich seinen Vorrednern
an und gab damit den Aussagen noch mehr Gehalt und Wichtigkeit. Letztlich
applaudierten die Beigeordneten und der Ortsbürgermeister für soviel Zuspruch.
Das ganze wirkte sehr bizarr und unwirklich. Streiten, diskutieren, andere
Meinungen akzeptieren und wenn man am Ende mit einer Mehrheit gewinnt - was
will die FWG denn mehr? Wieso hat sie ein Problem damit, wenn jemand trotzdem
eine andere Meinung hat und kund tut? Der SPD-Fraktionsvorsitzende
wirkte entsetzt und enttäuscht zugleich. Ein solches Verhalten in einer
Ratssitzung hatte er nicht erwartet.
[Anmerkung:
Was die FWG auch noch
vergas: In jüngster Zeit häuften sich auch die kritischen Nachfragen seitens
des Koalitionspartners CDU. Nicht umsonst verlies Tobias Stauder,
Fraktionsvorsitzender der CDU, aus Protest die Ratssitzung im Mai. Gescholten
wurde aber nur die SPD.
Ortsbürgermeister
Bernd Simon (FWG) sprach nach seiner Wahl von einem großen
"Miteinander". Seine Vision war, die Verwaltung um einen dritten
Beigeordneten zu erweitern. Jede Partei solle einen Beigeordneten stellen und
somit eine starke Einheit gebildet werden. Der dritte Beigeordnete ist
vorhanden, allerdings sind jetzt 2 Beigeordnete von der FWG und einer von der
CDU. Seine Vision vom großen "Miteinander" ist sicher nicht an seiner
Person gescheitert - das sei klargestellt! Bei der Umsetzung hatte seine Partei
eben eine andere Vision.]
Ob für das "Niedermachen" einer Partei im
Gemeinderat wirklich Platz ist oder ob ein Vorabgespräch unter 4, 6, 8 Augen zwischen den FWG-Mitgliedern, dem Fraktionsvorsitzenden der FWG und dem
Fraktionsvorsitzenden der SPD nicht zielführender gewesen wäre - das darf jeder
für sich selbst entscheiden.